Jan Jessen: Dienstag ist der Weltflüchtlingstag …

(Quelle: https://www.facebook.com/jan.jessen2/posts/pfbid031Xe2TgWaBoqgusZVdgbHcysrQSdQjDfPz3hFTeDzq64YnadNLctHB8pPyfkdsVuvl)

 

Dienstag ist der Weltflüchtlingstag. Ich habe für meine NRZ dazu einen Kommentar geschrieben.
Kein Mensch verlässt gerne und anlasslos die Heimat und begibt sich auf eine Reise, die lebensgefährlich sein kann und in eine ungewisse Zukunft führt. Die Gründe für Flucht sind mannigfaltig. Kriege, Konflikte, Verfolgung, wirtschaftliche Not, klimatische Veränderungen. Ende vergangenen Jahres waren weltweit über 108 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist ein neuer Höchststand.
Die allermeisten Flüchtlinge leben als Binnenvertriebene in ihren Heimatländern, etwa ein Drittel schafft es über die Landesgrenzen. Viele Menschen sterben auf der Flucht, in den Wüsten des nördlichen Afrikas etwa, oder im Mittelmeer. Die jüngste Schiffskatastrophe vor der südgriechischen Küste mit wahrscheinlich Hunderten Opfern zeugt von der Gefahr, in der sich Menschen begeben, die nichts mehr zu verlieren haben.
Europa und ganz konkret Deutschland sind immer noch Sehnsuchtsziele vieler Flüchtlinge. Die Aufnahmekapazitäten sind aber begrenzt. Nicht wenige Einheimische sind irritiert, manche sogar verängstigt angesichts der Veränderungen und der Herausforderungen, die die Integration so vieler Menschen mit sich bringt. Schwer nachvollziehbare Konflikte zwischen Zugewanderten wie die am vergangenen Wochenende in Essen befeuern diese Ängste.
Aber Flucht ist ein Menschenrecht. Daran muss jeden Tag erinnert werden, nicht nur am Weltflüchtlingstag. Flucht ist kein Verbrechen. Verantwortungsvolle Politik, die das Ziel hat, gesellschaftliche Friktionen zu vermeiden hieße, Fluchtursachen konsequent zu bekämpfen. Das bedeutet aber auch: ehrliche Diskussionen über unser Streben nach Wohlstand und Wachstum zu führen, den Ursachen für den Klimawandel und viele Konflikte weltweit.
Die Ausbeutung der Länder des globalen Südens muss enden. Entwicklungspolitik darf nicht mehr vor allem als Wegbereiterin politischer und wirtschaftlicher Interessen verstanden werden.
Bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels braucht es mehr Unterstützung für die Länder, die am wenigsten zu den weltweiten Treibhausgas-Emissionen beigetragen haben, aber jetzt schon unter Extremwetter oder dem Anstieg des Meeresspiegels leiden.
Wir müssen Verantwortung tragen für die Menschen in Ländern wie Afghanistan, der Irak oder Syrien, die in den vergangenen Jahren zu geopolitischen Spielfeldern wurden.
Europa kann Knäste an seinen Außengrenzen bauen, Mauern hochziehen oder andere Länder bezahlen, um sich Flüchtlinge vom Hals zu halten. Die Menschen werden aber trotzdem kommen, wenn es für sie in ihrer Heimat keine Zukunft gibt.