29.08.2024Prekäre Wohnimmobilie:Stadt Göttingen wird Mehrheitseigentümerin im Hagenweg 20
Mit dem Ankauf von Wohnungen in der prekären Wohnimmobilie Hagenweg 20 hat die Stadt Göttingen vor gut einem Jahr einen ungewöhnlichen Weg beschritten. Ziel war und ist es, Alleineigentümerin der Immobilie zu werden und dadurch die Lebensverhältnisse ihrer Bewohner*innen grundlegend zu verbessern. Diesem Ziel ist die Stadt nun einen entscheidenden Schritt nähergekommen: Sie ist durch den Ankauf weiterer 119 Wohnungen im Besitz von 93 Prozent der Immobilie. In städtischer Hand sind jetzt 152 Wohnungen und 50 Garagenstellplätze.
„Dieses Projekt ist ungewöhnlich für eine Kommune. Mit unserem Paradigmenwechsel, getragen vom Rat der Stadt Göttingen, haben wir innerhalb eines Jahres sehr viel für die Menschen vor Ort erreicht“, unterstreicht Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt. „Wir sind in diesem Projekt auf einem guten Weg und ich bin stolz darauf, dass uns das so schnell gelungen ist.“
„Die Eigentümer*innen dieser Immobilie haben sich nicht gekümmert.“
Schon länger sei die Stadt in der Wohnanlage aktiv gewesen, stieß aber im Bemühen um bessere Wohnverhältnisse schnell an rechtliche Grenzen. „Eigentum verpflichtet zwar, aber die Eigentümer*innen dieser Immobilie haben sich nicht gekümmert“, erläutert Broistedt. Notwendige Sanierungen seien nicht oder nicht konsequent genug durchgeführt worden. Die nächsten Schritte seien jetzt, auch die verbliebenen Wohnungen anzukaufen, um dann über eine Kernsanierung oder über Abriss und Neubau zu entscheiden. Das Grundstück könne dafür beispielsweise an die Städtische Wohnungsbau GmbH übertragen werden, die es entwickelt. Denkbar sei auch, dass ein Bauträger das Grundstück erwirbt und dort gemeinsam mit der Stadt geförderten und bezahlbaren Wohnraum für Familien schafft.
Stadt ist im Gespräch mit dem Land
„Schön wäre es außerdem, wenn die Landeswohngesellschaft sich beteiligt“, so Broistedt, die auf entsprechende Gespräche mit dem Niedersächsischen Wirtschaftsminister Olaf Lies verweist, der sich vor wenigen Wochen einen eigenen Eindruck vom Objekt verschafft hatte. Broistedt: „Ich bleibe im engen Austausch mit dem Land.“
„Unsere Anstrengungen haben sich für jedes Kind gelohnt, dass jetzt und in Zukunft nicht mehr in dem Komplex wohnen muss.“
Auch Sozialdezernentin Anja Krause zeigt sich glücklich über das bislang Erreichte: „Unsere Anstrengungen haben sich für jedes Kind, dass jetzt und in Zukunft nicht mehr in dem Komplex wohnen muss, gelohnt.“ Der Stadt sei es gelungen, die Nachzugs-Spirale zu durchbrechen. „Kaum war früher eine Wohnung leer, war sie sofort wieder neu vermietet worden. Die Stadt vermietet ihre leerstehenden Wohnungen nicht mehr.“ In ihrem Dezernat habe sie außerdem den Fachdienst „Sozialarbeit“ eingerichtet. „Er unterstützt und begleitet Menschen, die derzeit im Hagenweg 20 und weiteren Immobilien mit prekären Wohnverhältnissen leben, beim Umzug in ein neues Zuhause. Im Fachdienst wird die Expertise verschiedener Fachleute gebündelt, um auch vor Ort effektiv handeln zu können.“ Besonders stolz sei sie darauf, dass es ihrem Team in wenigen Monaten gelungen sei, gut die Hälfte der 145 Bewohner*innen – darunter 36 Kinder – in alternative Wohnungen zu vermitteln. „Wir haben dafür gute Wohnungen gefunden, niemand ist in andere prekäre Immobilien gezogen“, betont Krause und dankt dafür auch den Wohnungsunternehmen, die hier unterstützt und Wohnungen bereitgestellt haben. „In einem gemeinsamen Kraftakt haben wir den Familien im Hagenweg 20 echte Perspektiven geboten, die auch gerne angenommen wurden.“
Verbesserte Infrastruktur vor Ort
In der Immobilie hat die Stadt für eine Verbesserung der Infrastruktur gesorgt: Im Objekt wurde ein Besprechungsraum eingerichtet. Dort können Gespräche mit Mieter*innen geführt werden, er steht aber auch für die Sprechstunde des Fachdienstes Sozialarbeit bereit. Auch Angebote Dritter wie Nachhilfe können dort genutzt werden. Die Mieter*innen können in grundlegenden Fragen des Zusammenlebens, etwa zur Mülltrennung oder zur Nachtruhe, geschult werden. Außerdem wurde ein Waschraum eingerichtet, in dem für geringes Geld Wasch- und Trockenmaschinen genutzt werden können.
Kurzüberblick
- Die Baupläne sind auf 1974 datiert, seitdem gab es keine größeren Instandhaltungs- oder Sanierungsmaßnahmen
- Das Objekt umfasst 4.076 m² Wohnfläche
- Insgesamt gibt es 165 Wohneinheiten: 101 Einzimmerappartements (15 – 18 m²) und 63 Zweizimmerappartements (30 – 34 m²), 1 Einliegerwohnung, 63 Garagenstellplätze.
- Die Stadt ist aktuell (August 2024) im Besitz von 152 Wohnungen und 50 Garagenstellplätze