Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.: Anmerkungen zum angeblichen „BAMF-Bestechungsskandal“

(Quelle: https://www.nds-fluerat.org/28903/pressemitteilungen/anmerkungen-zum-angeblichen-bamf-bestechungsskandal/)

 

In der Debatte um einen angeblichen Bestechungsskandal beim BAMF Bremen werden wesentliche Sachverhalte bislang ausgeblendet:

1. In der Öffentlichkeit wird davon berichtet, dass der Fall der Lehrter Ezidenfamilie K. den Stein ins Rollen gebracht und die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen habe, nachdem sich u.a. der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius beim BAMF-Präsidenten darüber beschwert hatte, dass das BAMF Bremen der Familie K. rechtswidrig Schutz zugesprochen habe. In den Berichten fehlt allerdings der Hinweis, dass die Linie des BAMF Bremen hinsichtlich der Beurteilung der allgemeinen Rechtslage vom niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Lüneburg inhaltlich bestätigt wurde: Nach Auffassung der Richter am OVG finden anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien keine menschenwürdigen Existenzbedingungen vor, weshalb ihnen in Deutschland Abschiebungshindernisse zuzubilligen sind, siehe

Nicht die Gewährung von Abschiebungsschutz war insofern skandalös, sondern die Abschiebung einer Ezidin mit drei Kindern unter Inkaufnahme einer Familientrennung.

2. Dem BAMF Bremen wird vorgeworfen, Verfahren an sich gezogen und trotz fehlender formaler Zuständigkeit über Asylanträge entschieden zu haben. Zu berücksichtigen ist aber, dass es ab 2016 aufgrund der hohen Antragszahlen gang und gäbe war, dass Asylsuchende bei anderen BAMF-Dependancen angehört wurden, um die überlasteten BAMF-Standorte zu unterstützen. Wir können nicht ausschließen, dass das BAMF Bremen für den einen oder anderen in Bremen bearbeiteten Fall nicht zuständig war. Festzustellen ist jedoch, dass im fraglichen Zeitraum in einer Vielzahl von Fällen nicht nur in Bremen Doppelakten angelegt wurden, weil das BAMF mit der Registrierung überfordert war.

3. Die Schutzgewährung für Eziden in der Zeit von 2015 bis 2017 durch das BAMF Bremen entsprach der damaligen behördlichen und gerichtlichen Entscheidungspraxis: Offenkundig ist in Vergessenheit geraten, dass der sogenannte IS nach der militärischen Eroberung eines zusammenhängenden Gebietes im Nordwesten des Irak und im Osten Syriens am 29. Juni 2014 die Gründung eines Kalifats verkündete. Im Zuge der weiteren Eroberungen wurden Tausende von Eziden getötet, misshandelt, vergewaltigt und versklavt.

https://www.amnesty.de/2014/8/8/massenflucht-im-irak
https://www.amnesty.de/informieren/amnesty-journal/niederlande-zeugnis-ablegen

Die Anerkennung der Flüchtlinge war (und ist) eine angemessene und notwendige Reaktion auf das den Opfern zugefügte Leid.

Weitere Informationen:

Was ist daran suspekt, dass politsch Verfolgte auch tatsächlich anerkannt werden? Presseinformation Flüchtlingsrat Bremen, 23. April 2018

Presseberichte:

Nach Bamf-Skandal. Bremer Jesiden in Sorge: „Fürchten, dass es Kampagne gegen uns gibt“, in: Weser Kurier online vom 23. April 2018